"Ich habe gar keinen richtigen Pass. Ich weiß nicht, wie alt ich bin, und ich glaube, ich bin noch ganz jung."
Die Gouvernante Charlotta Iwanowna in Anton Tschechows "Kirschgarten"
(kp) Zuletzt aktualisiert im September 2020: Coronavirus-Pandemie - Quarantäne, Einreiseverbot für Schweizer aufgehoben
Die Informationen zu den Einreisebestimmungen, Visa und Grenzübergängen weiter unten auf dieser Seite gelten in "normalen Zeiten"- aber seit Ende
Februar/Anfang März ist ja kaum noch etwas normal. Und auch Russland hat auf die Coronavirus-Pandemie frühzeitig mit Einreiseverboten und Grenzschließungen reagiert.
Ursprünglich galten die Einschränkungen fast ausnahmslos und sogar für Bürger der anderen GUS-Staaten und für Ausländer mit
Arbeitsvisa. Anfang Juni 2020 verkündete die Regierung erste leichte Lockerungen der Einschränkungen.
Die russischen Vertretungen im Ausland stellen aber im Regelfall weiterhin keine Visa mehr aus. Die Webseite für die kostenlosen E-Visa nach Kaliningrad und St. Petersburg wurde ebenfalls abgeschaltet.
Faktisch bleibt die Einreise nach Russland für Westeuropäer vorerst nur in wenigen Ausnahmefällen möglich, etwa für Diplomaten, für Brummi-Fahrer im Warenverkehr, für Dienstreisen ausländischer
Anlagen-Techniker und für enge Angehörige auf dem Weg zu einer Beerdigung - sowie für Personen mit dauerhaftem Wohnrecht in Russland. Seit Anfang Juni sind theoretisch auch wieder
Besuche zur Pflege kranker Angehöriger erlaubt.
Seit August finden auch wieder
einige Linienflüge in ausgewählte Staaten statt, für deren Bürger die grundsätzlichen Einreiseverbote aufgehoben wurden. Aktuell profitieren davon Bürger der Türkei, Großbritanniens
und der Schweiz.
Die verpflichtende Quarantäne für alle Einreisenden aus dem Ausland wurde von den russischen Behörden im Juli abgeschafft und durch die Verpflichtung ersetzt, einen negativen Corona-Test
vorzulegen (auch die Vorschriften bei der Rückkehr nach Deutschland bzw. Österreich sind zu beachten). Touristische Reisen für Ausländer sind somit weiterhin
unmöglich. Wann Russland die Grenzen für Urlauber wieder öffnet, ist derzeit nicht absehbar.
Einfach im Internet einen Flug buchen und losfliegen, das geht im Fall einer Reise nach Russland leider nicht. Und für alle, die auf dem Landweg unterwegs sind, wird es sogar noch etwas komplizierter. Die Bürger der meisten Länder der Welt benötigen nach wie vor ein Visum für einen Russland-Besuch - es sei denn, man besitzt einen Reisepass aus einem der GUS-Mitgliedsstaaten. Auch die meisten Lateinamerikaner sowie Israelis, Serben, Südkoreaner, Südafrikaner und Bürger einiger anderer Staaten dürfen visafrei nach Russland.
Alle anderen müssen sich in der Regel vor der Abfahrt einen solchen schicken Sticker in den Reisepass kleben lassen.
Um ein Visum zu erhalten, ist eine Einladung aus Russland erforderlich. Wer mit einer organisierten Gruppe unterwegs ist, muss sich darüber keine Gedanken machen. Einzelreisende wenden
sich am besten an ein spezialisiertes Reisebüro oder einen Visadienst, die diese Einladung für eine geringe Gebühr besorgen und auch den Pass einreichen und wieder abholen. Ein guter
Visadienst stellt seinen Kunden dabei auch eine Anleitung für den Visumantrag zur Verfügung.
Ein Touristenvisum für eine oder zwei Einreisen mit 30 Tagen Gültigkeit ist auf diese Weise meist völlig problemlos erhältlich. Kostenpunkt für Visum, Agentur und Einladung: ab ca. 90 -
100 Euro.
Als Antragsteller selbst zu einem russischen Konsulat oder einem russischen Visa-Center zu gehen, lohnt sich nicht, es sei denn, man wohnt in direkter Nachbarschaft und legt außerdem Wert darauf, einen kleinen Kulturschock schon vor der Abreise zu erleben. Auch der Aufwand für Freunde oder Verwandte, vor Ort , eine offizielle Privateinladung zu besorgen, ist unverhältnismäßig hoch.
Seit Juli 2019 gibt für alle EU-Bürger (sorry, liebe Briten) eine Neuerung, die dem visafreien Reisen zumindest sehr nahe kommt: Für Besuche in Russlands westlichster Region, der Exklave Kaliningrad, werden kostenlose E-Visa ausgegeben, die seit Sommer 2019 im Internet mit minimalem Aufwand beantragt werden können. Im Oktober 2019 wurde die Regelung zu vergleichbaren Konditionen auch für St. Petersburg und Umgebung eingeführt. Bis zu acht Tage dürfen Besucher damit im früheren nördlichen Ostpreußen bzw. in St. Petersburg und im umliegenden Leningrader Gebiet bleiben, Weiterreisen in andere Regionen Russlands sind unzulässig. Eine ähnliche Regelung gilt auch für die russische Fernostregion, zielt dort aber eher auf Touristen aus Ostasien. Seit Frühjahr 2020 können theoretisch aber auch Westeuropäer mit E-Visum aus Japan oder Südkorea z.B. nach Wladiwostok fliegen.
Tatsächlich gibt es aber noch einige Fälle, die auch für EU-Bürger eine komplett visumfreie Einreise nach Russland ermöglichen. So können Passagiere von Ostsee-Kreuzfahrten ohne
Visum Landgänge in Sankt Petersburg unternehmen. Bedingung dabei ist, dass die Ausländer an organisierten
Ausflügen teilnehmen und über Nacht wieder auf das Schiff zurückkehren.
Interessanter sind die Möglichkeiten, die sich im Zusammenhang mit Sport-Großveranstaltungen wie der Fußball-WM bieten. Fußball-Fans, die eine Karte für ein oder mehrere
Spiele gekauft hatten, erhielten 2018 eine sogenannte "Fan-ID", die zur visafreien Einreise berechtigte. Im Fall der Fußball-WM 2018 erlaubte der Fan-Ausweis mehrere Ein- und Ausreisen ab
zehn Tage vor dem ersten bis zehn Tage nach dem letzten gebuchten Spiel. Ein ähnliches Prozedere gab es zuvor bereits bei der Winterolympiade in Sotschi.
Wie viele sportliche Großevents nach dem Ärger um die "Doping-Affäre" in näherer Zukunft nach Russland vergeben werden, ist derzeit ungewiss. Allerdings stehen die Chancen nicht schlecht, dass es dann jeweils auch in Zukunft weitere Ausnahmen von der Visumpflicht gibt, beispielsweise bei der Universiade in Jekaterinburg 2023.
An allen russischen Grenzübergängen findet eine gründliche Kontrolle statt. Die russischen Grenzschützer und Zöllner verhalten sich Ausländern gegenüber nach meiner Erfahrung stets korrekt, wenn auch nicht immer übermäßig freundlich.
Am unkompliziertesten läuft das in der Regel an den großen Flughäfen ab. Dort kommt es nur selten vor, dass der Zoll einen Blick in das mitgebrachte Gepäck werfen will. Wer Glück hat, kann in Moskau in wenigen Minuten durch die Kontrolle kommen. Wenn kurz zuvor Großraumjets aus China oder Mittelasien gelandet sind, sieht das aber anders aus.
Bei Zugreisen in die Nachbarstaaten kommt es an den Grenzbahnhöfen in der Regel zu mindestens einstündigen Aufenthalten auf jeder Seite der Grenze, die ebenfalls zu eingehenden Kontrollen genutzt werden. Ausnahme sind die modernen Allegro-Schnellzüge zwischen Sankt Petersburg und Helsinki, in denen alle Kontrollen während der Fahrt stattfinden.
An den Straßengrenzen kann es zu längeren Wartezeiten kommen. Reisebusse und Pkws müssen oft den Kofferaum leer räumen und das Gepäck dann in einem Zollterminal durchleuchten lassen.
An Grenzen mit wenigen Reisenden aus dem Westen, etwa im Kaukasus, kommt es häufiger auch zu Befragungen nach Ziel und Reiseroute. Selbst erlebt haben wir das am Grenzübergang Werchni Lars
(Russland/Georgien).
Für Fußgänger sind die meisten russischen Grenzübergänge gesperrt. Zu den wenigen Orte, an denen die Einreise nach Russland zu Fuß erlaubt wird, zählen die
Brücke zwischen Narva (Estland) und Iwangorod (Foto oben) und die Brücke über die Memel zwischen Sowjetsk (Tilsit) und Litauen.
Gegenwärtig sind bei der Anreise nach Russland auf dem Landweg Besonderheiten an den Grenzen zu einigen der Nachbarländer zu beachten:
Die russische Regierung hat Details für die ab 2021 geplante, vereinfachte Einreise von Ausländern mit E-Visa bekanntgegeben. Damit können Bürger von 52 Staaten ab Jahreswechsel - theoretisch, wenn die Pandemie einmal endet - relativ unbürokratisch nach Russland gelangen. Offizielle Einladungen sind für Aufenthalte von maximal 16 Tagen nicht mehr nötig, lediglich ein Online-Antrag muss vorab ausgefüllt werden. Es gibt aber eine schlechte Nachricht - vor allem für Bahnreisende. Zumindest in der Anfangsphase wird das neue E-Visum lediglich zur Einreise an 29 ausgewählten Grenzübergängen berechtigen, wie aus der kürzlich veröffentlichten Regierungsverordnung hervorgeht (Quelle: Regierungsserver, Russisch).
Die Coronavirus-Pandemie hat Russland weiter fest im Griff. Mitte Oktober gab es bereits mehr offiziell bestätigte, tägliche Neuinfektionen als auf dem Höhepunkt der "ersten Welle" im Frühjahr.
Die Reisemöglichkeiten zwischen Ost und West sind extrem eingeschränkt, Visa für EU-Bürger werden weiter nur in absoluten Ausnahmefällen ausgestellt, grundsätzlich gelten in Russland und der EU Einreiseverbote für Bürger der jeweils anderen Seite. Da dennoch immer wieder danach gefragt wird, stellen wir hier einmal die Varianten zusammen, nach Russland und wieder zurück in den Westen zu gelangen. Ihr werdet schnell sehen: Es gibt nur wenige. An eine schnelle Normalisierung glauben inzwischen wohl nur noch ganz hartgesottene Optimisten.
In Zeiten von Pandemie und geschlossenen Grenzen einen Russland-Reiseblog zu schreiben, kann schon manchmal ermüdend werden. Denn seit mittlerweile über sieben Monaten sind touristische Reisen ins größte Land der Welt für Ausländer aus dem Westen faktisch nicht durchführbar. Nur langsam öffnen die russischen Behörden die Grenzen des Landes wieder für ihre eigenen und die Bürger ausgewählter Staaten und für Linienflüge in wenige ausländische Hauptstädte. Da wirkt es etwas bizarr, dass die russische Regierung gleichzeitig eine Regelung nach der anderen verkündet, die Reisen einfacher und unkomplizierter machen. Jetzt gibt es ein interessantes Versprechen für ausländische Besucher mit russischen Familienangehörigen.
Der von der Coronavirus-Pandemie verursachte Eiserne Vorhang zwischen Russland und dem Rest der Welt bekommt erste winzige Löcher. Seit Anfang August sind wieder Linienflüge zwischen Moskau, St. Petersburg und Rostow am Don sowie einigen ausgewählten Zielen im Ausland zugelassen. Nicht nur Russen dürfen wieder in bestimmte ausländische Staaten fliegen, auch das grundsätzliche Einreiseverbot nach Russland wurde für Bürger einiger Länder aufgehoben. Die Liste war Anfang August zunächst noch ziemlich kurz und wirkt auf Nichteingeweihte etwas erratisch: Sie umfasste nämlich nur die Türkei, Großbritannien, Tansania und - die Schweiz. Ein entsprechender Erlass ist bereits in Kraft und auf dem Regierungsserver nachzulesen (Russisch).
Nach fast vierjährigem Hickhack haben die Außenminister von Russland und Weißrussland ein Abkommen unterzeichnet, auf das Russland-Reisende aus Westeuropäer schon nicht mehr zu hoffen wagten: Die beiden Nachbarstaaten einigten sich auf die gegenseitige Anerkennung von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen. Ausländer mit russischem Visum dürfen sich während der Gültigkeitsdauer künftig für maximal 90 Tagen auch in Weißrussland aufhalten, umgekehrt berechtigt ein weißrussisches Visum zum Aufenthalt in Russland. Mit Inkrafttreten des Abkommens wird endlich auch die Einreise nach Russland auf dem Landweg von Westeuropa über Weißrussland wieder möglich - das Verbot war ein großes Ärgernis für Auto- und Bahnfahrer.