Ost trifft West - Der Kasaner Kreml

Казанский кремль / Казан кирмәне

Der Kreml von Kasan ist ein einzigartiges Sammelsurium. Hier mitten in der aufstrebenden Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tatarstan verschwimmen unweit der breiten Wolga osteuropäische und orientalische Kultur: Eine orthodoxe Kathedrale steht weniger Meter von einer riesigen Moschee entfernt, pompöse Regierungsbauten reihen sich aneinander und im Zentrum überragt ein hoher spitzer Turm das ganze Ensemble, schief und so alt, dass niemand mehr wirklich weiß, ob Russen oder Tataren ihn einst bauen ließen.

Kasan Kreml
Der Kreml von Kasan vom Kasanka-Fluss aus betrachtet

Am Standort des Kremls von Kasan, unweit der Mündung des Kasanka-Flusses in die Wolga, befand sich einst das Machtzentrum des Tataren-Khanats. Nach der Eroberung der Stadt durch die Soldaten Iwans des Schrecklichen im Jahr 1552 lag die Festung des Tataren-Herrschers in Trümmern. Der siegreiche Zar befahl den Wiederaufbau und holte dafür Baumeister wie den legendären Postnik, den Schöpfer der Moskauer Basilius-Kathedrale an die Wolga. Seit MItte des 16. Jahrhunderts wurde das Gelände wiederholt umgestaltet. Das Territorium wurde 2000 in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen.


Sjujumbike-Turm (1)

Башня Сююмбике / Сөембикә манарасы

Sjujumbike Turm Kasan Kreml

Der markante, 58 Meter hohe Sjujumbike-Turm ist das wohl geheimnisvollste Bauwerk auf dem Territorium des Kasaner Kremls. Wann er errichtet wurde, ist nie wirklich geklärt worden. Vermutlich entstand auch er erst nach der russischen Eroberung von Kasan, einige Historiker glauben aber fest daran, dass es sich um das einzige Überbleibsel der vorrussischen Zeit im Zentrum der Stadt handelt.

Die bekannteste Legende über den Bau besagt, dass Iwan der Schreckliche nach dem Fall von Kasan die tatarische Prinzessin Sjujumbike heiraten wollte. Sie stimmte zu - unter der Bedingung, dass der Moskauer Herrscher innerhalb von sieben Tagen einen grandiosen Turm errichten lassen könne. Als dem Zar dies gelang, erbat die Prinzessin, einen letzten Blick von oben auf ihre Heimat zu werfen und stürzte sich in die Tiefe. 

Bedauerlicherweise fehlt der Sjujumbike-Turm aber auf allen Darstellungen der Stadt, die aus der Zeit von vor 1650 stammen.
Viele Geschichten über seine Bedeutung gehören somit definitiv ins Reich der Märchen. Unter seinem heutigen Namen ist er erst seit dem 19. Jahrhundert bekannt.

Über die Jahrhunderte hinweg hat der Turm sich erheblich zur Seite geneigt. Die Abweichung der Spitze vom Lot beträgt fast zwei Meter. Anstelle des islamischen Halbmondes prangte dort oben ursprünglich der doppelköpfige Adler des russischen Zarenreichs.



Mariä-Verkündigungs-Kathedrale (2)

Благовещенский собор

Verkündigungs-Kathedrale Kreml Kasan Tatarstan
Verkündigungs-Kathedrale im Kasaner Kreml

An der Stelle der heutigen Kathedrale entstand nach der Eroberung der Stadt zunächst eine Holzkirche, die nach wenigen Jahren durch einen Steinbau ersetzt wurde. 

Die Verkündigungs-Kathedrale wurde Bischofskirche von Kasan und behielt diesen Status bis zur Oktoberrevolution. Im Laufe der Jahrhunderte wurde sie mehrfach grundlegend umgebaut und erweitert. In der Krypta ruhen die sterblichen Überreste der Metropoliten und Erzbischöfe von Kasan.

Der prächtige Glockenturm der Kathedrale blieb nicht erhalten. Während der Kirchenverfolgung in der Sowjetzeit wurde er in die Luft gesprengt.


Kul-Scharif-Moschee (3)

Мечеть Кул-Шариф / Кол Шәриф мәчете

Kul-Scharif Moschee Kasan
58 Meter hoch sind die vier Minarette der Kul-Scharif-Moschee

Die 2005 zum 1000-jährigen Stadtjubiläum fertiggestellte Kul-Scharif-Moschee ist das größte islamische Gotteshaus in Kasan. Sie erinnert an eine legendäre Moschee, die bis 1552 am annähernd selben Ort im Zentrum des Kasaner Kremls stand um beim Sturm der Russen auf die Stadt zerstört wurde. Benannt ist sie nach dem Imam und Dichter Kul Scharif, der die tatarischen Verteidiger von Kasan anführte und dabei getötet wurde.

Der gigantische Granit- und Marmorbau wird von vier 58 Meter hohen Minaretten überragt und nachts eindrucksvoll angestrahlt.

Immer wieder wird behauptet, es handele sich um die größte oder zweitgrößte Moschee Europas. Das stimmt definitiv nicht, aber sehenswert ist der Neubau trotzdem.


Präsidentenpalast und andere Regierungsbauten (4)

Flaggen Russland Tatarstan
Der Kreml von Kasan beherbergt bis heute viele Regierungsgebäude

Bis zum heutigen Tag ist der Kreml von Kasan auch ein Zentrum der politischen Macht. Hier befindet sich der Präsidentenpalast der russischen Teilrepublik Tatarstan. Erbaut wurde er im 19. Jahrhundert im sogenannten pseudo-byzanthinischen Stil von Konstantin Ton, dem Architekten des großen Moskauer Kremlpalastes, als Amtssitz der regionalen Gouverneure.

Im 19. Jahrhundert hatte in der Nachbarschaft auch der orthodoxe Erzbischof seine Residenz, bis er nach der Revolution fortgejagt wurde.

 

Heute sind auch noch weitere staatliche Einrichtungen im Kreml untergebracht, darunter die tatarische Präsidentenverwaltung und das oberste Handelsgericht der Teilrepublik.


Kremlmauer und Türme (5)

Kreml Kasan Erlösterturm
Erlöserturm und Denkmal für Musa Dschalil am Kasaner Kreml

Die weiß gestrichenen Mauern des Kasaner Kremls sind über anderthalb Kilometer lang. Beim Bau in den Jahren nach 1552 verfügte die Festungsanlage ursprünglich über 13 Türme, von denen bis heute nur noch acht erhalten blieben.

Den wichtigsten Zugang zum Kreml-Gelände bildet ganz im Süden der von einem goldenen Stern gekrönte Erlöser-Turm. Vor dem Eingangstor erinnert ein imposantes Denkmal an den tatarischen Dichter Musa Dschalil, der 1944 von der Gestapo ermordet wurde.

Ein wenig skurril wirkt der eckige Turm am entgegengesetzten Ende des Kreml-Territoriums, der ebenfalls über ein Tor verfügt: Auf seiner Spitze wurde ein rotierendes Unesco-Welterbe-Emblem montiert. Dass an Welterbe-Objekten solcher Unfug erlaubt ist, war mir neu.


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