"Ich habe mein Leben gelebt und immer gedacht, das Leben sei etwas Großes. Aber es ist einfach vorübergegangen."

 

Abduschalil Abduschalilow (ca 1960 - 2015), letzter Einwohner von Gamsutl

 

Der Machu Picchu des Kaukasus - Gamsutl

Гамсутль

Die Überreste des verlassenen Bergdorfs Gamsutl auf der Spitze einer Felskuppe gleichen noch immer einer uneinnehmbaren Festung. Niemals konnten Feinde die uralte Siedlung im Herzen von Dagestan erobern, heute liegt sie trotzdem in Ruinen. Die Bewohner zogen im Laufe der Zeit in die Täler oder gleich ganz fort in die größeren Städte. Längst sind die Dächer der Häuser eingestürzt, die frühere Straße hinauf ins Dorf wurde bei Unwettern weggespült. Der letzte Bewohner starb im Jahr 2015. Doch noch immer geht von der Geistersiedlung eine fast magische Anziehungskraft aus. Seit Journalisten und Blogger die Ruinen wegen ihrer dramatischen Lage inmitten der Berge zum "Machu Picchu des Kaukasus" erklärten, wurde Gamsutl weit über die Grenzen Dagestans hinaus bekannt.

Gamsutl in Dagestan
Blick auf die Ruinen von Gamsutl

Steckbrief Gamsutl:

Gründungsjahr: ca. 400 n. Chr.

Zeitzone: Moskauer Zeit

Sehenswert (* - *****): ****

Einwohnerzahl: 0

Entfernung von Moskau: 2.100 Kilometer

Berühmt für: Einsiedler Abduschalim



Gamsutl war ein typischer Aul - ein kaukasisches Berdorf, dass zur besseren Verteidigung hoch in die Berge gebaut wurde. Das genaue Alter der Siedlung ist nicht bekannt, aber es soll sich um eine der ältesten Siedlungen Dagestans handeln. In seiner Blütezeit sollen bis zu 3.000 Menschen in Gamsutl gelebt haben, im Laufe der Jahrhunderte waren die Bewohner zunächst wohl Anhänger des Zoroastrismus, später wurden sie Christen und dann Muslime. Während des Kaukasuskriegs der Russen gegen die Bergvölker im 19. Jahrhundert ließ der Anführer der Aufständischen, Imam Schamil, unbotmäßige Untertanen hierher verbannen. In Dagestan erhielt Gamsutl darauf den Spitznamen "Schamils Sibirien".

Gamsutl Verzierung mit arabischer Inschrift
Kunstvolle Verzierungen erinnern an den Reichtum der Bewohner

Die Überreste mehrstöckiger Wohnhäuser und einige erhalten gebliebene kunstvolle Steinmetz-Verzierungen zeugen vom Wohlstand der Bergbewohner. Zu Sowjetzeiten erhielt die ausschließlich von Awaren bewohnte Siedlung Anschluss an das Stromnetz, zeitweise sollen sogar Busse in das Bergdorf gefahren sein, was man sich heute kaum noch vorstellen kann.

Dennoch verließen die Menschen in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg das Dorf, die Einwohnerzahl sank auf 200 Menschen im Jahr 1970 und auf nur noch 17 im Jahr 2002. Zuletzt lebte nur noch ein einziger alleinstehender Mann mit seinen Bienenstöcken in Gamsutl: Abduschalim Abduschalimow nannte sich selbst Bürgermeister und führte Besucher durch die verfallenden Häuser der Nachbarschaft. Durch eine Reihe von Fernsehberichten erlangte er eine gewisse Berühmtheit. Sein Haus am Rand des Dorfes ist auch nach seinem Tod noch verhältnismäßig gut erhalten. Bei unserem Besuch in Dagestan im Frühjahr 2019 lag dort ein Gästebuch aus - mittlerweile mit Einträgen in etlichen Sprachen. 


Bericht des dagestanischen Regionalfernsehens über den letzten Bewohner von Gamsutl:


Fotos aus Gamsutl:


Anreise: Wie kommt ihr nach Gamsutl?

Ein Besuch in Gamsutl ist als langer Tagesausflug von Machatschkala oder Derbent aus möglich. Das Kreiszentrum Gunib liegt nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt und ist bei guter Sicht von Gamsutl aus gut zu erkennen, aber selbst von dort aus ist man mit dem Auto über eine halbe Stunde unterwegs. Hinter dem Bergdorf Tschoch müssen Besucher an der Brücke über den Gebirgsfluss abbiegen und können dann - je nach Geländegängigkeit des Autos noch ein Stück weit die Piste bergauf fahren. Die letzten Kilometer nach Gamsutl muss man in jedem Fall zu Fuß zurücklegen. Es gibt es einen kürzeren steilen Pfad und einen wesentlich längeren, auf dem es sich aber einfacher wandern lässt.

Öffentlichen Personenverkehr gibt es in der Gegend nicht. Wir sind von Gunib aus mit einem Begleiter nach Gamsutl aufgebrochen, was sich als hilfreich erwiesen hat. Die Überreste der Siedlung machen insgesamt einen recht instabilen Eindruck: Viele Ruinen sehen aus, als könnten sie jeden Moment zusammenbrechen. Wer Gamsutl besichtigen will, sollte daher vorsichtig sein! Kommt mir ja alle wieder heil zurück!


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