"Alle drängeln sich nach Moskau, als ob es aus Gummi wäre..."

Aus dem mit dem Oscar prämierten Sowjetfilm "Moskau glaubt den Tränen nicht" (1980)

 

Im Osten viel Neues - Moskau im Wandel

Wie sich Russlands Hauptstadt verändert hat

Kaum eine Stadt in Europa hat sich in den vergangenen Jahren so dynamisch entwickelt wie Moskau mit seinen offiziell schon mehr als zwölf Millionen Einwohnern. Zugegeben, genau in der Mitte der Stadt steht wie eh und je der Kreml, das Machtzentrum des riesigen Landes. Aber ringsherum hat sich so viel getan, dass ein Besucher sich vielerorts kaum noch zurechtfindet, wenn er oder sie einige Jahre lang nicht dort war. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

Hoch, höher, Moskau-City

Blick auf die Moskau City vom anderen Ufer der Moskwa
Beeindruckende Wolkenkratzer - Die Moskau-City

Das spektakuläre neue Geschäftszentrum der Hauptstadt Moskau-City mit seinen gigantischen Wolkenkratzern wächst in Himmel, wo bis zur Jahrtausendwende über Jahre hinweg kaum mehr als riesige Baugruben zu sehen waren. Aktuell befinden sich in dem aus dem Boden gestampften Stadtviertel westlich des eigentlichen Zentrums fünf der sechs höchsten Hochhäuser Europas. Die Wirtschafts- und Finanzkrisen der jüngeren Vergangenheit haben dazu geführt, dass manche Hochhaus-Projekte geschrumpft oder ganz aufgegeben wurden. Aber noch immer wird gebaut, beispielsweise an dem gigantischen Wohnturm "One Tower".


Mehr Platz für Menschen

Moskau Majakowski-Platz
Schaukeln statt Verkehrsgewühl am Majakowski-Platz

Seit etwa 2010 zeichnet sich ein geradezu revolutionäres Umdenken bei den Moskauer Stadtplanern ab. Statt auf die Motorisierungswelle mit noch mehr Straßen zu antworten, bekommen die Moskauer ihre Stadt mancherorts schrittweise zurück. Neue Fußgängerzonen werden ausgewiesen und Fahrbahnen verengt, beispielsweise im beschaulichen Viertel Samoskworetschje. Mein Lieblingsort in diesem Zusammenhang ist der Majakowski-Platz. Wo sich früher Autoströme vom Gartenring auf die Twerskaja-Straße wälzten, sitzen heute Hauptstädter und nutzen intensiv die von der Stadt montierten Schaukeln.



Stinken gewaltig - Moskauer Blechlawinen

Leningrader Chaussee in Moskau
Stau auf der Leningrader Chaussee

In Sachen Staus, der großen Geißel Moskaus, hat sich in den vergangenen Jahren nicht viel zum Positiven verändert. Im Gegenteil: Im Jahr 2021 waren laut Verkehrspolizei in der Stadt 3,8 Millionen Pkws registriert, jährlich kommen mehrere hunderttausend zusätzliche Neuanmeldungen dazu. Insbesondere bei Fahrten zu den Flughäfen sollten mehrere Stunden Puffer eingeplant werden, wenn man nicht ohnehin die neuen Zubringerzüge nutzt. Auch Staus um Mitternacht sind keine Seltenheit, wenn es einen Unfall oder Bauarbeiten gibt - und die gibt es eigentlich immer und überall.


Alles digital

Taxi-Apps sind in Moskau weit verbeitet
Unschlagbar praktisch: Yandex.Taxi

Kaum ein Land in Europa hat sich das Thema Digitalisierung so sehr auf die Fahnen geschrieben wie Russland. Und natürlich ist die Hauptstadt auch hier wieder einmal Vorreiter. Die Einwohner sind längst gewohnt, alle möglichen Behördenangelegenheiten mit dem Smartphone zu regeln. Kostenloses WLAN in der Metro ist schon seit vielen Jahren Usus. Und es gibt Apps für alles und jedes. Besonders nützlich für Besucher der Stadt sind Taxivermittler wie Yandex.Taxi, die euch innerhalb von Minuten zu jedem beliebigen Ort ein Fahrzeug schicken, zuverlässig und für wenige Rubel.  



Sarjadje - Park der Superlative

Sarjadje-Park in Moskau
Hier stand früher das Hotel-Monster "Rossija"

In direkter Nachbarschaft zum Kreml und dem Roten Platz war in der Sowjetzeit einst ein komplettes Stadtviertel eingeebnet worden und später das legendäre Hotel Rossija errichtet worden. Die größte Herberge Europas mit ihren über 3.000 Zimmern ist schon einige Jahre Geschichte - sie wurde 2005 abgerissen. Am Standort des Hotel-Monsters entwarfen amerikanische Architekten auf dem 13 Hektar großen Areal am Moskwa-Fluss den spektakulären Stadtpark Sarjadje. Seit der Eröffnung 2017 entwickelte sich der Park mit seinem Amphitheater, den Nachbildungen der russischen Vegetationszonen und der "schwebenden Brücke" über der Moskwa schnell zu einer der Top-Attraktionen der Stadt.


Früher undenkbar: Radwege

Moskau Leihfahrrad-System
Leihräder im Stadtzentrum

Wer zur Jahrestausendwende vorhergesagt hätte, dass in Moskau einmal ein Netz von Fahrradwegen gebaut würde, wäre von jedem für verrückt erklärt worden. Auch von mir. Allenfalls im Stadtpark drehten die Moskowiter am Wochenende einige Runden. Ansonsten war das Rad für niemanden mit klarem Verstand eine Option, Radfahrer galten als lebensmüde Spinner, auf die im Straßenverkehr niemand Rücksicht nahm. Mittlerweile ist sogar ein städtisches Leihrad-System im Stadtzentrum eingerichtet worden. Die erstaunliche Verkehrswende hat einen kleinen Haken: Bislang sind auf den teils mehrspurigen Wegen erst wenige Radler unterwegs. Der Bewusstseinswandel dauert halt etwas.



Schneller ins Umland mit "Lastotschka"

Lastotschka nach Twer
Ein Lastotschka-Zug der russischen Bahn

Mit dem Vorortzug "Lastotschka" ("Schwalbe") bietet die russische Staatsbahn erstmals so etwas wie einen bequemen Regionalexpress ins Moskauer Umland an. Die von Siemens entwickelten Züge bieten einen völlig neuen Komfort im Vergleich zur althergebrachten "Elektritschka". Die neuen Triebwagen werden auf verschiedenen, zunehmend längeren Strecken eingesetzt. Seit 2021 verkehrt sogar der erste internationale "Schwalben"-Express ins 750 Kilometer entfernte weißrussische Minsk. Auch auf der 2016 nach über 80-jähriger Unterbrechung für den Personenverkehr reaktivierten Moskauer Ringeisenbahn sind die Züge als S-Bahn im Einsatz. Hier wird inzwischen sogar mit einer führerlosen Version experimentiert.


Neue Blicke auf Moskaus Dächer

Detski Mir Dachterrasse
Blick auf Kreml und Staatsduma vom "Detski Mir"

Der bekannteste Spielwarenladen Russlands, "Detski Mir" ("Kinderwelt") war 2008 für eine Generalüberholung geschlossen und unter reichlich skandalösen Umständen saniert worden. Tatsächlich wurde das denkmalgeschützte Kaufhaus allen Protesten zufolge bis auf die Außenmauern abgerissen und neu aufgebaut. Die 2015 wiedereröffnete "Kinderwelt" versöhnt mit einer Attraktion, die es bislang so im Stadtzentrum nicht gab - einer frei zugänglichen Dachterrasse mit spektakulären Blicken auf das Moskauer Zentrum und bei gutem Wetter weit darüber hinaus. Damit nicht genug: Auch vom Turm der wiederaufgebauten Christerlöser-Kathedrale können Touristen inzwischen spektakuläre Aussichten genießen.



Ganz schön hell: Moskauer Nächte

Beleuchtetes Kaufhaus GUM am Roten Platz in Moskau
Kaufhaus GUM - Weihnachtsbeleuchtung nicht nur an Weihnachten

Moskau-Besucher kommen schon tagsüber kaum aus dem Staunen heraus. Dabei wird es nachts noch eindrucksvoller: Denn unzählige 

Fassaden werden das ganze Jahr über nachts angestrahlt als wäre gerade Weihnachtszeit, und ständig werden es mehr. In Zeiten des Klimawandels wollen wir die CO2-Bilanz dieses Spektakels lieber nicht kennen. Und hinter einer grell beleuchteten Fensterfront einzuschlafen, ist vermutlich auch nicht schön. Aber es sieht verdammt eindrucksvoll aus.


Hipster-Treffs statt Industrie

Ehemalige Fabrikgebäude des Süßwarenherstellers Roter Oktober in Moskau
Paradies für Hipster - Das Roter-Oktober-Gelände

Nach der Wende haben die Moskauer Stadtväter Industriebetriebe konsequent aus dem Zentrum der Hauptstadt an den Stadtrand zu verdrängen. So manche ehemalige Fabrik und Werkhalle wurde seither in Bars, Boutiken und Galerien umgewandelt oder zu feschen Loftwohnungen umgebaut. Beispielhaft sind das Kulturzentrum "Winsawod" auf dem Areal einer ehemaligen staatlichen Weinkellerei und die am Moskwa-Fluss gelegene einstige Schokoladen-Fabrik "Roter Oktober".



Aktualisiert im Januar 2022.


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