"Er fragte: 'Wo willst Du hin?' 'Nach Wologda.' 'Ach, nach Wologda, halb so schlimm.'"

 

Wladimir Wyssozki (1938-1980), russischer Sänger und Schauspieler in "Der Reisegefährte"

 

 

 

Russlands Fast-Hauptstadt - Wologda

Вологда

Glaubt man der Legende, wäre Wologda im 16. Jahrhundert unter Zar Iwan dem Schrecklichen um ein Haar anstelle von Moskau neue Hauptstadt Russlands geworden. Letztlich wurde nichts daraus, Wologda wuchs zwar zu einem beachtlichen Industriezentrum, blieb aber immer Provinz. Heute gibt es kaum irgendwo in Russland eine Großstadt, in der noch so viel vom vorrevolutionären Charme zu spüren ist: Etliche Kirchen und ganze Viertel voller teils repräsentativer Holzhäuser bestimmen noch immer in großen Teilen des Zentrums das Stadtbild. Insgesamt blieben hier knapp 200 Baudenkmäler von landesweiter Bedeutung erhalten. Langsam spricht sich das herum, und zunehmend wird die Stadt auch zum Touristenziel. Zu sehen gibt es hier und in der Umgebung mehr als genug.

Kremlkirchen in Wologda Nordrussland
Am Kreml-Platz in Wologda

Steckbrief Wologda

Gründungsjahr: 1147

Zeitzone: Moskauer Zeit

Sehenswert (* - *****): ****

Einwohnerzahl: 300.000

Entfernung von Moskau: 500 Kilometer

Berühmt für: Holzhäuser, Wologda-Leinen



Das gut 500 Kilometer nördlich von Moskau gelegene Wologda ist laut offizieller Geschichtsschreibung genauso alt wie die Hauptstadt und wurde im Jahr 1147 gegründet. Im Mittelalter gehörte die Stadt zunächst lange zur Republik Nowgorod und war dann über Generationen hinweg zwischen Nowgorod und dem Moskauer Fürstentum umkämpft. Dank seiner Lage an den halten Handelswegen zwischen Zentralrussland und dem Weißen Meer wurde die Stadt bald zum wichtigen Handelszentrum. Entscheidend für die Entwicklung von Wologda wurde allerdings die Herrschaftszeit von Iwan dem Schrecklichen. Mitte des 16. Jahrhunderts entschloss sich der Zar inmitten seines Konflikts mit den Bojaren, die Hauptstadt des ihm persönlich unterstellten Gebietes nach Wologda zu verlegen. Er befahl den Bau eines imposanten steinernen Kremls mit der zentralen Sophienkathedrale, ließ aber 1571 alle Arbeiten abrupt beenden und verließ für immer die Stadt. Die Legende besagt, Iwan sei beim Besuch auf der Baustelle der Sophienkathedrale ein Stück Stuck oder ein Stein auf den Kopf gefallen, was der extrem fromme wie abergläubische Monarch als böses Omen wertete.

 

Nach der Zerstörung durch ein polnisch-litauisches Heer 1612 wurde die Stadt wieder aufgebaut, verlor aber insbesondere nach der Gründung von St. Petersburg an Bedeutung. Heute ist Wologda politisches und kulturelles Zentrum des gleichnamigen russischen Verwaltungsgebietes (Oblast Wologda), steht aber wirtschaftlich im Schatten des größeren, westlich gelegenen Tscherepowez.


Der Sowjet-Hit "Wologda"

Ein Song aus den 1970-er Jahren wurde längst zur inoffiziellen Stadthymne von Wologda. Den Megahit "Wologda"der sowjetischen Folk-Pop-Gruppe "Pesnjary" aus Weißrussland kennt eigentlich jeder Russe auswendig. Die Gruppe besingt darin in nicht allzu tiefsinnigen Versen die Liebe eines jungen Mannes zu einer Frau "mit dunklen Augen", die im fernen Wologda in einem Holzhaus "hinter dem geschnitzten Palisadenzaun" wohnt.


Interessante Orte in Wologda auf dem Stadtplan:


Kreml und Sophienkathedrale

Wologda Russland
Blick auf den Kreml vom gegenüberliegenden Flussufer

Das imposante Gebäude-Ensemble des "Kremls" von Wologda ist das unangefochtene Herz der Stadt. Im Gegensatz zum Moskauer Kreml hat er seine Verteidigungsmauern größtenteils bereits im 19. Jahrhundert eingebüßt. Zentraler Blickfang ist die monumentale Sophienkathedrale aus dem 16. Jahrhundert mit dem separaten, an der Spitze vergoldeten Glockenturm. Die Sophienkathedrale wurde nach dem Vorbild der Moskauer Entschlafenskathedrale errichtet und diente bis zur Oktoberrevolution als Bischofskirche von Wologda. Ihre einmaligen Fresken aus dem 16. Jahrhundert sind nahezu vollständig erhalten geblieben. Die Kathedrale ist bis heute offiziell ein Museum, Gottesdienste finden hier nur noch an wichtigen Feiertagen statt. Der Glockenturm ist rund 100 Jahre jünger als die Kathedrale, er verfügt über eine Aussichtsplattform, die faszinierende Ausblicke auf das Zentrum von Wologda ermöglicht, aber ein gewisses Maß an Schwindelfreiheit erfordert. Zu den Gebäuden rund um den Kreml gehören außerdem der in Teilen noch sanierungsbedürftige frühere Bischofspalast und die schicke beigefarbene Auferstehungskirche aus der Barockzeit. 


Unterwegs im Zentrum von Wologda

Verziertes Holzhaus im Zentrum von Wologda
Verziertes Holzhaus im Zentrum von Wologda

Das Stadtzentrum von Wologda hat sich in Teilen einen fast dörflichen Charakter bewahren können. Wer sich ein paar Stunden Zeit nimmt, durch die Viertel links und rechts des Wologda-Flusses zu bummeln, kann jede Menge Entdeckungen machen. Wundervolle, teils aufwendig verzierte hölzerne Stadtvillen stehen noch westlich des Kremls an der Uliza Blagoweschtschenskaja.

 

Besonders sehenswert ist das Viertel zwischen Flussufer und Sieges-Prospekt westlich des Kreml-Parks. Hier sind auch noch einige kleinere orthodoxe Kirchen zu bewundern. Leider gibt es auch reichlich Beispiele für völlig heruntergekommene hölzerne Stadthäuser, aber es ist zu sehen, vielerorts saniert wird.

 

Wir empfehlen auch, einen Blick in das Museum "Wetl der verlorenen Dinge" (Uliza Leningradskaja 6) zu werfen, wo das Haus einer wohlhabenden Familie mit allerlei Gegenständen aus dem 19. Jahrhundert hergerichtet wurde. Östlich des Kreml-Platzes überwiegen hingegen historische Stadtbauten aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Teile der Uferstraße erinnern an St. Petersburg.


Anreise: So kommt ihr nach Wologda

Bahnhof Wologda
Am Hauptbahnhopf von Wologda

Wologda liegt am Schnittpunkt zweier wichtiger Bahnstrecken - der Linie von Moskau nach Archangelsk und in die Komi-Republik sowie der Ost-West-Trasse von Sankt Petersburg Richtung Ural und Sibirien. Daher ist die Stadt von Russlands größten Städten aus bequem über Nacht mit dem Zug zu erreichen. Für die neunstündige Fahrt von und nach Moskau gibt es als Alternative auch zwei lange Tagesverbindungen. Der Hauptbahnhof liegt einige Kilometer südlich des Stadtzentrums. Direkt daneben befindet sich die zentrale Busstation, von wo aus Sammeltaxis in alle Teile der Wologda-Region starten, etwa in die Stahl-Metropole Tscherepowetz oder nach Weliki Ustjug zu Väterchen Frost.

Eine regionale Fluggesellschaft bietet wöchentlich mehrere Flüge vom kleinen örtlichen Flughafen zwischen Wologda und Moskau-Wnukowo sowie St. Petersburg.


Der Rhein-Wolga-Kanal empfiehlt: Gut essen in Wologda

Restaurant Inschir in Wologda
Längst kein Geheimtipp mehr: Das Restaurant Inschir in Wologda

Für russische Provinz-Verhältnisse hat Wologda ein ganz hervorragendes gastronomisches Angebot  - und das zu Preisen, die noch einmal ein ganzes Stück weit unter denen in Moskau oder St. Petersburg liegen. Absolut empfehlenswert ist beispielsweise das zentrale Restaurant "Inschir" (Kammeny Most 3, Webseite nur Russisch), das vor allem mittelasiatische und kaukasische Leckereien auftischt. Eisenbahn-Liebhabern möchten wir auch das unweit der Stadtverwaltung gelegene Restaurant "Parowosow" (Uliza Lenina 4, Firmen-Seite im Netzwerk VK) ans Herz legen. Einige Tische sind hier eingerichtet wie in einem russischen Speisewagen. Während ihr auf eurer Essen wartet, ziehen auf Zugfenstern nachempfundenen großen Bildschirmen russische Landschaften an euch vorbei. Im restlichen Lokal werden die Getränke mit Hilfe einer Modelleisenbahn von der Bar zu den Gästen befördert. Tollen Kuchen, aber auch Pizzen und Salate gibt es ebenfalls im Café "Wolstreet" (Uliza Malzewa 5, Webseite nur Russisch), das in eine historische Holzvilla eingezogen ist.

Während unseres letzten Besuchs in Wologda sind wir im brandneuen Hotel Aura (Uliza Blagoweschtschenskaja 56, Webseite nur Russisch) untergekommen. In den beiden benachbarten Gebäuden blitzen die Marmorböden und die geräumigen komfortablen Zimmer lassen kaum einen Wunsch unerfüllt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ziemlich unschlagbar, allerdings fehlt dem Hotel "Aura" gerade die Aura, die andere Hotels im historischen Zentrum vielleicht eher bieten.


Passend zum Thema in unserem Russland-Blog:

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