"Dieser Ort ist wunderschön... wie Jerusalem."
Alexej Michailowitsch (1629-1676), russischer Zar
Ein neues Jerusalem in Miniaturformat wollte Russlands Patriarch Nikon Mitte des 17. Jahrhunderts westlich von Moskau aufbauen. Das gewaltige Kloster Neu-Jerusalem (Nowy Ierussalim) ist das bis heute weithin sichtbare Ergebnis dieser Idee. So manchem Besucher, der das Gelände erstmals nach längerer Zeit wieder betritt, dürfte der Mund offen stehenbleiben. Nach jahrzehntelangen Restaurierungsarbeiten
leuchten die vergoldeten Kuppeln heute prächtiger denn je, die schneeweiß gestrichenen Wehrmauern strahlen - so hat man den Eindruck - sogar bei schlechtem Wetter. Die grandiose Klosteranlage ist definitiv eines der interessantesten Ausflugsziele in der Umgebung der russischen Hauptstadt, aber noch nicht so überlaufen wie das im Ausland bekanntere Sergijew Possad.
Das Kloster von Neu-Jerusalem geht auf den Kirchenreformer Nikon (1605-1681) zurück. Er erwarb 50 Kilometer von Moskau entfernt das Dorf Woskresenskoje und begann bald damit, hier eine Kopie des Heiligen Landes aufzubauen. Inmitten einer typisch russischen Landschaft entstand eine Kopie der Grabeskirche von Jerusalem, ringsum ein neuer Garten Gethsemane. Ein Hügel wurde zum neuen Ölberg, und den Fluss Istra, der sich hier seinen Weg durch Wiesen und Wälder suchte, nannte der Patriarch in Jordan um.
Nikon hatte extra einen Vertrauten ins Heilige Land geschickt, um originialgetreue Pläne der Grabeskirche zu beschaffen. Das Kloster wurde zur offiziellen Residenz des Patriarchen, der allerdings noch während der laufenden Bauarbeiten beim Zaren in Ungnade fiel, in die Verbannung geschickt wurde und die Fertigstellung nicht mehr selbst erlebte. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Kloster im Zuge der Schlacht um Moskau von einer SS-Division schwer zerstört. Teile der Anlage wurden gesprengt, andere stürzten ein. 1945 waren von dem Kloster nur noch Ruinen übrig. Die Wiederaufbauarbeiten dauerten Jahrzehnte. In den Jahren nach dem Ende der Sowjetunion kehrten wieder Mönche in das Kloster zurück. Wirklich abgeschlossen wurde die Wiederherstellung der einzigartigen Bauwerke erst 2017.
Die "Kopie" der Grabeskirche bei Moskau hat den gleichen Grundriss wie das Original in Jerusalem. Ebenso wie in Israel steht mitten in der Hauptkirche unter einer riesigen Rotunde eine
kleine Grabeskapelle. In deren Inneres passen nur zwei oder drei Menschen zur selben Zeit, und oft steht eine Warteschlange von Pilgern vor der niedrigen Eingangstür.
Im Gegensatz zu den meisten orthodoxen Kirchen in Russland ist das Fotografieren in Neu-Jerusalem prinzipiell erlaubt - nur das Ablichten von Personen beim Gottesdienst oder im Gebet soll
unterbleiben. Fotomotive gibt es sowohl in der verwinkelten Kirche als auch auf dem Gelände mehr als genug. Lohnenswert ist auf jeden Fall ein Rundgang auf den Wehrmauern des Klosters.
Mit dem Vorortzug ist ein Ausflug nach Neu-Jerusalem von Moskau aus kein Problem: Tagsüber verkehren mehrmals pro Stunde Züge vom Kursker Bahnhof und von der Station Rschewskaja am Rigaer Bahnhof aus (Zustieg auch an vielen weiteren Vororthaltestellen möglich) in die Stadt Istra. Elektritschkas mit Zielbahnhof Rumjanzewo, Schachowskaja oder Wolokolamsk kommen infrage. Sie alle halten an den Bahnhöfen Istra und Nowoierussalimskaja.
Das Kloster liegt von beiden Haltepunkt jeweils noch etwa zwei Kilometer weit entfernt. Eine einfache Fahrt dauert gut anderthalb Stunden kostete 2019 umgerechnet 2,30 Euro (161 Rubel).