Im fernen Jahr 1551 ließ Iwan der Schreckliche am Oberlauf der Wolga eine komplette kleine Stadt aus Holz errichten, die Gebäude in ihre Einzelteile zerlegen und stromabwärts transportieren. Rund 30 Kilometer westlich von Kasan wurden die Bauteile wieder zusammengesetzt - auf einem Hügel am Zusammenfluss von Wolga und Swijaga. Die Festung Swijaschsk wurde für den Moskauer Zar zum Ausgangspunkt für die Eroberung des Tatarenreichs und später zu einem bedeutenden Provinzzentrum mit bis zu 10.000 Einwohnern, das mit der Zeit jedoch seinen Einfluss verlor. Nach der Oktoberrevolution richteten die Bolschewiki in Swijaschsk ein berüchtigtes Gefängnis für Gegner der Sowjetmacht ein. Das zentrale Mariä-Himmelfahrts-Kloster beherbergte noch bis 1994 eine psychiatrische Klinik, seit 2017 zählt es zum Unesco-Weltkulturerbe. Heute werden in den Kirchen wieder Gottesdienste gefeiert, aber nur noch knapp 300 Menschen leben ständig hier.
Zur Insel wurde die Siedlung erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Wolga durch den Kuibyschew-Staudamm bei Samara aufgestaut wurde, und auch das nur vorübergehend: Vor einigen Jahren wurde ein Damm zum Festland aufgeschüttet. Seither können Autos und Reisebusse bis direkt zum Fuß des Hügels mit dem Mariä-Himmelfahrt-Kloster vorfahren.
ls kunsthistorisch bedeutendstes Bauwerk gilt die Mariä-Himmelfahrtskathedrale von 1561 im gleichnamigen Männerkloster. Die Kirche wurde im nordwestrussischen Stil errichtet, der ansonsten in Städten wie Pskow und Nowgorod, aber kaum an der Wolga zu finden ist. Mutmaßlich wurde sie unter Mitwirkung von Postnik Jakowlew, dem Schöpfer der Moskauer Basiliuskathedrale am Roten Platz erbaut. Die heutige charakteristische Kuppel im "ukrainischen Barock-Stil" erhielt die Kathedrale im 18. Jahrhundert. Im Juli 2017 erklärte die Unesco die Kirche zum Weltkulturerbe.
Einzigartig sind auch die Fresken, mit denen die Kirche ausgemalt ist. Bemerkenswert ist eine Darstellung vom "Einzug der Gerechten ins Paradies", die unter anderem Zar Iwan den Schrecklichen
zeigt. Einzigartig ist auch die Darstellung des heiligen Christophorus mit einem Pferdekopf, die es in Russland nirgendwo sonst in dieser Form gibt.
Das gesamte Klostergelände ist von einer fast einen Kilometer langen Wehrmauer umgeben. Bereits kurz nach der Oktoberrevolution wurde das Kloster aufgelöst und in ein Gefangenenlager umgewandelt, später befand sich dort ein Internet für Straßenkinder und minderjährige Straftäter, nach dem Krieg wurde in der Klosteranlage eine psychiatrische Klinik eröffnet. An die Opfer der politischen Repressionen erinnert heute ein Gedenkstein.
Das Johannes-der-Täufer-Kloster ist so alt wie die Festungsstadt Swijaschsk. Es entstand 1551 rund um die hölzerne Christi-Geburtskirche, die bis heute - als einziges Bauwerk aus der Gründungszeit der Festung - im Originalzustand erhalten geblieben ist. Wesentlich jünger ist die monumentale neobyzanthinische Kirche "Aller Trauernden Freude", die erst kurz vor der Oktoberrevolution Anfang des 20. Jahrhunderts fertiggestellt wurde. Sie ist heute das größte Bauwerk auf der Insel. Das Gelände war einst ein eigenständiges Frauenkloster, gehört mittlerweile aber zu dem benachbarten Himmelfahrtskloster. Vor der Revolution lebten hier bis zu 400 Nonnen.
Vom Stadtzentrum Kasan sind es bis zu der Museumsinsel rund 60 Straßenkilometer. Auch die Anfahrt mit dem Boot ist in den Sommermonaten möglich. In den vergangenen Jahren hat die russische Teilrepublik Tatarstan einiges unternommen, um Swijaschsk als Touristenziel zu erschließen. Die Kirchen und Klöster wurden oder werden restauriert. Mittlerweile gibt es auf der Insel auch ein Hotel und eine Reihe von Restaurants und Cafés. Achtung: An der Bahnstrecke von Moskau nach Kasan gibt es einen Bahnhaltepunkt namens Swijaschsk, der nach russischen Maßstäben nicht allzu weit entfernt entfernt zu sein scheint. Es gibt aber keine brauchbare Straßenverbindung!
((kp/Aktualisiert im Juli 2017)