"Dem König der Könige."
Inschrift auf der Westseite der Petersburger Isaakskathedrale
Über 100 Meter ragt ihre vergoldete Kuppel in den Himmel von Sankt Petersburg. Weil es im Petersburger Stadtzentrum keine Hochhäuser gibt, ist sie von weit her zu sehen: Die riesige der Isaakskathedrale war einst als größte Kirche des Zarenreichs geplant worden, vier Jahrzehnte lang dauerten die Bauarbeiten. Bislang sind orthodoxe Priester und Würdenträger in dem klassizistischen Prunkbau nur Gäste, wenn sie gelegentlich einen feierlichen Gottesdienst feiern. Im Gegensatz zu den meisten Kirchen Russlands blieb die Isaakskathedrale auch nach der Wende in Russland ein staatliches Museum. Pläne der Petersburger Regionalregierung, dies zu ändern, sorgten 2017 für ziemlich lautstarken Aufruhr weit über die Stadtgrenzen hinaus.
Die Isaakskathedrale am Standort älterer Vorgängerbauten aus der Gründerphase von St. Petersburg sollte nach dem Willen des Zarenreichs ebenso wie die Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale ein Symbol des russischen Sieges über Napoleons Besatzerarmee werden. Interessanterweise konnte sich ausgerechnet der französisch-russische Architekt Auguste de Montferrand (1786-1858) mit seinen Entwürfen durchsetzen. Während der 40 Jahre währenden Bauarbeiten mussten die Pläne aufgrund statischer Probleme mehrfach geändert werden. Der Baumeister überlebte die Fertigstellung seines wichtigsten Projekts im Sommer 1858 nur um wenige Wochen.
Die auf einem kreuzförmigen Grundriss errichtete Isaakskathedrale wurde zum weltweit teuersten Kirchenneubau der damaligen Zeit: Mit Gesamtkosten von, nach damaligem Geldwert
unvorstellbaren 23 Millionen Rubel verschlang eine Summe, die mit dem Erlös vergleichbar war, den das Zarenreich kurze Zeit später durch den Verkauf von Alaska erzielte. Um die
gigantischen Granitsäulen aus Finnland an die Newa zu befördern, mussten eigens Spezialschiffe konstruiert werden. Die Kathedrale begeistert nicht nur Kunstfreunde, sondern gilt
auch als ingenieurtechnisches Wunderwerk: Lange galt es als unmöglich, einen so riesigen und schweren Bau auf den sumpfigen Petersburger Untergrund zu stellen. Die Ikonenwand im
Inneren der Kathedrale erinnert mit ihren Säulen aus Malachit und afghanischem Lasurit an einen Triumphbogen. Mit den über 30 großen grellen Wandgemälden wirkt die ganze Kirche von innen bei
aller Pracht ein wenig kitschig und recht "katholisch" für ein orthodoxes Gotteshaus.
Nach der Oktoberrevolution war die Kathedrale noch einige Jahre für Gottesdienste einer orthodoxen Reform-Kirche geöffnet, ab 1931 war dort offiziell ein Atheismus-Museum untergebracht.
Da die Isaakskathedrale bis heute offiziell ein staatliches Museum darstellt, müssen alle Besucher eine Eintrittskarte kaufen, 2018 lag der Preis 400 Rubel (5,30 Euro) für
Erwachsene, ein Besuch der Aussichtsplattform eingeschlossen. Im Gegensatz zu den meisten orthodoxen Kirchen ist das Fotografieren im Innern erlaubt.
Kein Besuch der Isaakskathedrale wäre vollständig ohne einen Aufstieg zum mehr als 40 Meter hohen Säulengang auf der Außenseite der runden Kuppel. Von der sogenannten Kolonnade gibt
es einige der besten Aussichten auf Sankt Petersburg - und zwar in alle Richtungen.
Ganz in der Nähe der Kathedrale sind die Gebäude der Admiralität und dahinter der Winterpalast zu sehen, der heute das Eremitage-Museum
beherbergt, und am anderen Newa-Ufer die Peter-Paul-Festung. Im Nordosten ragen die Türme des Smolnyj-Klosters über das Häusermeer, im
Westen ist sogar die Ostsee zu sehen - und im Norden die Newa und weit dahinter seit einigen Jahren auch das höchste Gebäude Europas, die riesige Nadel der neuen Gasprom-Zentrale "Lachta Center".
Um hierher zu gelangen, ist eine separate Eintrittskarte nötig. Seit einigen Jahren gibt es in einem der Seitentürme sogar einen Fahrstuhl, mit dessen Hilfe neuerdings Rollstuhlfahrer auf die Aussichtsplattform begleitet werden können.