"Die Männer in Tscheljabinsk sind so harte Kerle, dass sie den Kaffee nicht trinken, sondern mit Löffeln aus der Dose essen."
Volkstümlich.
Die Millionenstadt Tscheljabinsk auf der asiatischen Seite der Uralberge galt historisch als Russlands "Tor zu Sibirien". Ende des 19. Jahrhunderts begannen hier die Bauarbeiten für die Trasse der legendären Transsibirischen Eisenbahn. Als Wirtschaftszentrum ist die Bedeutung der neuntgrößten Stadt in Russland dank der Stahl- und Röhrenwerke, der Traktorenfabrik "Uraltrak" und anderer Großbetriebe kaum zu überschätzen. Kaum verwunderlich, dass Tscheljabinsk bislang nicht als Reiseziel in Erscheinung getreten ist. Tatsächlich gibt es kaum echte Sehenswürdigkeiten. Wer auf der historischen Transsib-Strecke unterwegs ist und hinter dem Ural aussteigen möchte, kann alle interessanten Orte bequem an einem Tag aufsuchen.
Im 18. Jahrhundert als russische Festung neben einem baschkirischen Dorf namens Tscheljabi gegründet, blieb Tscheljabinsk bis in die Zeit um 1900 eine Kleinstadt. Stürmisches Wachstum setzte erst mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn und nach der Oktoberrevolution ein. Mit dem Übergang zur Planwirtschaft entstanden die ersten Betrieb der Schwerindustrie. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Stadt zu einem der wichtigsten Zentren der sowjetischen Rüstungsindustrie. Die in Tscheljabinsk gebauten Panzer vom Typ T-34 und die "Katjuscha"-Raketenwerfer trugen nicht unwesentlich zum sowjetischen Sieg über Hitler-Deutschland bei. Die Stadt erhielt den Spitznamen "Tankograd" ("Panzerstadt"). Aufgrund der vielen Industriebetriebe ist die Umweltsituation bis heute problematisch.
Mittlerweile verkehren die meisten Züge aus dem europäischen Russland Richtung Sibirien nicht mehr über Tscheljabinsk, sondern weiter nördlich über Jekaterinburg. Dennoch bleibt die Stadt weiterhin ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt.
Internationale Berühmtheit erlangte Tscheljabinsk zudem im Februar 2013, als in der Nähe der Stadt ein Meteor einschlug, der eine halbe Minute zuvor in die Erdatmosphäre
eingetreten war. Bilder und Videoaufnahmen von der Rauchspur des Himmelskörpers und dem Lichtblitz bei der Explosion des Meteors gingen damals um die Welt. Über 1.100 Menschen
wurden damals verletzt, zumeist durch Glassplitter zerbrochener Fenster. Mehrere Bruchstücke des Meteors konnten später aus dem Tschebarkul-See geborgen werden.
Im Zentrum von Tscheljabinsk wurde ein knapp einen Kilometer langer Abschnitt der Kirow Straße (Uliza Kirowa) vor etwas über zehn Jahren zur ersten Fußgängerzone der Stadt umgewandelt. In diesem Bereich zwischen dem quirligen Revolutionsplatz und dem Ufer des Miass-Flusses sind noch einige alte Gebäude aus der vorrevolutionären Zeit erhalten, die Straße wird von einer Vielzahl moderner Skulpturen gesäumt. Aus der sowjetischen Zeit stammt ein riesiges Monument, dass den "freiwilligen Panzerfahrern" gewidmet ist, die sich während des Zweiten Weltkriegs aus Ural an die Front meldeten. Es gibt viele Cafés Restaurants und Souvenirstände, an denen Mineralien aus der Ural-Region verkauft werden. Leider wird der allgemeine Eindruck ein wenig durch das im Jahr 2008 fertiggestellte, 23 Stockwerke hohe Bürohochhaus "Tscheljabinsk-City" verdorben.
Auf dem einstigen Marktplatz von Tscheljabinsk im Stadtzentrum befindet sich heute der Stadtpark "Aloje Polje" ("Scharlachrotes Feld"). Seinen etwas martialischen Namen erhielt der Ort zum Andenken an die Opfer eines Arbeiteraufstandes während der ersten russischen Revolution von 1905. Zwei auffallende Gebäude sind einen näheren Blick wert: In der Mitte des Parks befindet sich die 1911 fertiggestellte Alexander-Newski-Kirche, die zu Sowjetzeiten entweiht und in ein Planetarium, einen Schachclub und schließlich in einen Konzertsaal für Orgelmusik umgewandelt wurde. Erst vor einigen Jahren erhielt die Orthodoxe Kirche den Bau zurück. Am Nordende des Parks entstand nach dem Tod von Revolutionsführer Lenin ein eigenartiges graues Denkmal, das frappierend an das Lenin-Mausoleum auf dem Roten Platz in Moskau erinnert.