An einem malerischen Seeufer, inmitten dichter Wälder versteckt, liegt eines der prächtigsten orthodoxen Heiligtümer der Wolga-Region. Das von einer weißen Festungsmauer umgebene Raifa-Männerkloster befindet 30 Kilometer westlich von Kasan, der quirligen Hauptstadt von Russlands autonomer Teilrepublik Tatarstan. Auf dem zu Sowjetzeiten verwahrlosten und in den Jahren nach der Wende umfangreich sanierten Gelände leben seit einigen Jahren wieder Mönche. Und eine als wundertätig verehrte Ikone der Madonna von Georgien zieht inzwischen jährlich mehrere 10.000 Pilger an. Ein Ausflug hierher ohne eigenes Auto ist schwierig, aber täglich fahren Ausflugsbusse aus Kasan nach Raifa.
Die Geschichte des Raifa-Klosters reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück, als sich ein Moskauer Einsiedler-Mönch hier niederließ. Wenige Jahre nach dessen Tod ordnete die kirchliche Obrigkeit 1661 an der Stelle seiner primitiven Hütte den Bau des Klosters an, das im Laufe von Generationen größer und reicher wurde.
Eine Geschichte, die jeder Besucher von Raifa zu hören bekommt, ist die von den stummen Fröschen: Einst, so lautet die Legende, habe es rund um das Kloster so stark gequakt, dass die Mönche ihre eigenen liturgischen Gesänge kaum noch hören konnten. Sie richteten ihre Stoßgebete zum Himmel und flehten, dass dies ein Ende nehmen würde. Tatsächlich geschah ein Wunder: Die Frösche verstummten und blieben angeblich bis zum heutigen Tage stumm. Selbst Frösche, die man aus anderen Teichen nach Raifa brachte und dort aussetzte, sollen aufgehört haben zu quaken.
Nach der Oktoberrevolution begannen auch in Raifa dramatische Jahrzehnte. Die letzten fünf Mönche und ein Novize wurden 1931 wegen "antisowjetischer Aktivitäten" verhaftet und erschossen.
Anschließend entstand hier ein Gefängnis, später eine Jugendbesserungsanstalt. Nach der Wende erhielt die Kirche das völlig heruntergekommene Gelände zurück, nach jahrelangen Renovierungsarbeiten
kann sich das Raifa-Kloster heute sehen lassen.
Auf dem Klostergelände, das durch ein Tor im höchsten Glockenturm betreten werden kann, gibt es mehrere Kirchen, darunter die Kathedrale der Madonna von Georgien aus dem 19. Jahrhundert, die
eigenes erbaut wurde, um die aus Georgien stammende wundertätige Ikone zu verwahren.
In Raifa wird wie in den meisten orthodoxen Klöstern Wert auf Beachtung der strengen Kleidervorschriften gelegt: Hosen oder kurze Röcke bei Frauen und kurze Hosen bei Männern sind Tabu.
Außerdem müssen Frauen in den Kirchen ein Kopftuch tragen. An den Eingängen liegen genügend Stoffe zum Verhüllen eines ganzen Reisebusses aus.