Die russische Staatsduma hat ein Regierungsabkommen mit dem Nachbarland Weißrussland (Belarus) ratifiziert, das in absehbarer Zukunft Drittstaatsangehörigen wieder eine Reise über die russisch-weißrussische Landgrenze ermöglicht. Außerdem ist darin die gegenseitige Anerkennung von Visa des jeweils anderen Landes enthalten (Quelle z.B. Belta, Russisch). Für Westeuropäer bedeutet dies, dass sie in Kürze wieder beispielsweise mit dem eigenen Auto auf dem direkten Landweg von Berlin oder Warschau aus über Minsk nach Moskau reisen können - und dafür wahlweise ein russisches oder weißrussisches Visum ausreicht. Ein aufwendiger Umweg über Lettland oder Estland wird damit verzichtbar.
Die kürzesten und schnellsten Landverbindungen zwischen Russland und Westeuropa über Weißrussland waren seit 2016 für Ausländer
Tabu. Damals war den russischen Behörden gut 20 Jahre nach Abschaffung aller Grenzkontrollen
zwischen Russland und Weißrussland plötzlich aufgefallen,
dass laut russischer Gesetzgebung Ausländer nur über offizielle Grenzübergänge in die Russische Föderation einreisen dürfen. Die aber gab es
entlang der grünen Grenze nicht mehr (mit einer Ausnahme am mittlerweile umkämpften Dreiländereck Russland-Weißrussland-Ukraine). Auf den Strecken, jahrelang problemlos genutzt werden
konnten, wurden Ausländer über Nacht zu Illegalen.
Von Anfang an hieß es in beiden Hauptstädten des weißrussisch-russischen "Unionsstaates", die unschöne Situation solle schnell behoben werden. Ein Abkommen über eine Art Mini-Schengen wurde zunächst 2017 versprochen, dann bis spätestens bis zur Fußball-WM im Sommer 2018. Erst 2020 wurde das Abkommen
schließlich unterzeichne, und vom Parlament in Minsk schnell ratifiziert. Die Abgeordneten in Moskau ließen sich hingegen bis Januar 2023 Zeit.
Da aufgrund es Ukraine-Krieges und der westlichen Anti-Russland-Sanktionen aktuell nur noch wenige Reisemöglichkeiten zwischen Westeuropa
und der Russischen Föderation bestehen, wäre die Öffnung des Transits durch Weißrussland für viele, die weiterhin reisen wollen oder müssen, eine große Erleichterung. Die
zentrale Frage, ab wann die Regelung denn nun gelten wird, bleibt allerdings auch weiter offen. Russische Medien (z.B. Radio "Goworit Moskwa", Russisch) zitieren den russischen Vize-Außenminister
Michail Galusin mit den Worten, es werde "nicht vor März" so weit sein.
Eisenbahn und sechs Fernstraßen
Im Gegensatz zu Reisen von Drittstaatsangehörigen durch die Staaten des Schengener Abkommens dürfen Ausländer die russisch-weißrussische Grenze auch künftig nicht an jedem beliebigen Ort passieren. Vorgesehen ist die Nutzung grenzüberschreitender Züge sowie von sechs Straßen, die im Anhang zu dem Abkommen namentlich aufgeführt sind (Text bei pravo.by, Russisch). Es handelt sich um die Trassen M1 bzw. E30 Minsk-Moskau, M8 bzw. E95 Witjebsk-Opotschka(-Sankt Petersburg), die A-141 Witjebsk-Smolensk, die M-10 bzw. A-240 Gomel-Brjansk sowie um die Straßen von Opotschka nach Nowopolozk und von Bobruisk nach Roslawl. Linienflüge konnten bereits bisher auf bestimmten Strecken benutzt werden, dies ist künftig uneingeschränkt möglich.
Ein weiterer Unterschied zu den Einreiseregeln der Schengen-Staaten ist zudem, dass beide Staaten an ihren jeweils eigenen Regeln zur visafreien Einreise für Bürger bestimmter
Staaten festhalten. Ausländern, die entweder nur nach Russland oder Weißrussland visafrei einreisen dürfen und für einen Besuch im anderen Staat ein Visum benötigen, ist eine
Überquerung der Grenze nicht gestattet. Bei der insgesamt erlaubten Höchstaufenthaltsdauer sollen die in Russland und Weißrussland verbrachten Tage analog zu den
Regelungen bei den Schengen-Visa zusammengerechnet werden.
Update 24.7.23: Offenbar ist die Regelung auch im Sommer 2023 noch immer nicht in Kraft getreten. Für Reisen Richtung Russland auf dem Landweg gilt vorerst weiter: Ohne
russischen/weißrussischen Pass sollte Weißrussland umfahren werden.