Die russischen Behörden verkünden seit einiger Zeit geplante Einreise-Erleichterungen wie am Fließband, um mehr Ausländer ins größte Land der Erde zu locken. Die Einführung sogenannter E-Visa für Kurzbesuche in der Exklave Kaliningrad und ab Herbst auch in St. Petersburg (sowie
voraussichtlich ab 2021 in ganz Russland) war nicht das letzte Wort. Jetzt hat das Moskauer Außenministerium neue Änderungen vor: Ab 2020 sollen Touristen für ein Visum keine offizielle touristische Einladung mehr vorlegen müssen. Hotelbuchungen sollen dann ausreichen. Reisenden, die auch bei Freunden oder irgendwo im Zelt übernachten, nützt das womöglich nicht viel, zumal Europäer die Einladungen in der Vergangenheit völlig problemlos kaufen konnten.
Eine andere geplante Gesetzesänderung hätte deshalb potenziell größere Auswirkungen:
Das Moskauer Außenministerium plant nämlich auch, die Höchstgeltungsdauer von Touristenvisa auszuweiten - von bislang maximal 30 Tagen auf sage und schreibe sechs Monate! So
steht es zumindest auf einem offiziellen Regierungsportal für
Gesetzesvorhaben (Link nur Russisch). Ob dann für Touristen auch die Beschränkung auf maximal zwei Einreisen wegfällt, ist bislang unklar, denn die Details des Gesetzes sind noch nicht
veröffentlicht.
Bislang ist es so, dass die meisten Individualreisenden aus Europa sich ihr Russland-Visum über einen Visumdienst beschaffen und dabei eine touristische Pro-Forma-Einladung
mitbezahlen (die sie oft gar nicht zu sehen bekommen, nach der aber auch schon seit Ewigkeiten in Russland niemand mehr fragt). Irgendein Unternehmen im großen
Russland bescheinigt dann, dass der ausländische Gast touristische Dienstleistungen bei der Firma gebucht hat - ohne das dies tatsächlich der Fall sein muss. Diese Art
kostenpflichtiger touristischer Voucher wirkt insbesondere auf Russland-Neulinge etwas fragwürdig, wird aber von den russischen Visastellen seit jeher akzeptiert, und die
Gebühren stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand, eine "echte" Einladung zu beschaffen. (Tatsächlich handelt es sich um einen Anachronismus, der einst auch bei Reisen von Russen in
osteuropäische Länder verbreitet war: So verlangte Polen von Bürgern der Ex-Sowjetunion bis zum EU-Beitritt ebenfalls die Vorlage sinnloser Voucher für eine visafreie
Einreise.)
Noch komplizierter wird es bislang, wenn ein Russland-Reisevorhaben nicht innerhalb von 30 Tagen zu schaffen ist - Wohnmobil-Touristen auf langen Sibirien-Touren oder Extrem-Radfahrer können ein
Lied davon singen. Ihnen blieb bislang nur der extrem teure Weg, sich eine Einladung für ein Geschäftsvisum zu kaufen. Viele Ausländer, die gerne ausgiebig durch Russland
reisen würden, wurden in der Vergangenheit von diesen Hürden abgeschreckt, wie jetzt auch das Außenministerium bemerkt hat.
Bei allen positiven Entwicklungen der vergangenen Monate bleibt ein großes Problem allerdings weiter ungelöst: Das seit langem angekündigte Abkommen über die Einrichtung einer Art "Mini-Schengen-Zone" zwischen Russland und Weißrussland ist
noch immer nicht unterschrieben. Mittlerweile ist davon die Rede, Ende 2019 könnte es endlich so weit sein, dass die beiden verbündeten Ländern gegenseitig die Visa des jeweils
anderen anerkennen und die grüne Grenze zwischen den Staaten endlich wieder legal für alle Ausländer passierbar wird.