Ach Moskau, ob das wohl eine gute Idee war? Auf Geheiß der Stadtoberen wurden die letzten Trolleybus-Linien in Russlands Hauptstadt eingestellt, das einst größte Oberleitungsbus-Netz der Welt ist somit Geschichte. Und die 12-Millionen-Einwohner-Stadt mit ihrer notorisch hohen Luftverschmutzung hat ein verhältnismäßig umweltfreundliches und lärmarmes Verkehrsmittel wohl für immer verloren. Der Kahlschlag bei den Linien hatte bereits vor über fünf Jahren begonnen, zuletzt gab es nur noch mehrere nicht mehr zusammenhängende Teilstücke mit sechs Linien. Das Moskauer Verkehrsunternehmen Mosgortrans verspricht, dass die Trolleybusse durch Elektrobusse ersetzt werden. Aber bislang ist das nur zu einem sehr kleinen Anteil gelungen.
Entsprechend böse Kritik hagelte es von Seiten der Opposition im Moskauer Stadtparlament. Eine Abgeordnete rechnete vor, dass anstelle der 1.500 zuletzt eingesetzten Oberleitungsbusse nur
300 Elektrobusse angeschafft worden seien und ansonsten auf den einstigen Linien Dieselfahrzeuge verkehren. Dabei war das Netz erst vor einigen Jahren modernisiert worden. Aktivisten sprachen
deshalb auch von einem "Schwarzen Dienstag" (Bericht von city4people.ru / Russisch). Auch die von der Stadt gepriesenen Elektrobusse stehen in der Kritik, weil sie viel zu viel Zeit an den
Ladestationen stehen müssen.
Mit dem Aus der Trolleybusse verliert Moskau auch ein Stück seiner Identität. Jeder, der längere Zeit in in der Stadt gelebt hat, lernte die sanft schaukelnden Busse lieben (oder
hassen, wenn wieder mal ein Stromabnehmer aus der Oberleitung ausgerastet war). Der Chansonnier Bulat Okudschawa setzte ihnen mit seiner Ballade vom "Mitternachtstrolleybus" ein wunderbares Denkmal:
"... Mein Trolleybus hole, hol ein deine Fracht,
all die mit der Welt sind zerstritten!
Bring heim, bringe heim aus dem Wirrsal der Nacht,
die Schiffbruch erlitten! ..."
Trolleybusse waren in der sowjetischen Hauptstadt seit 1933 unterwegs gewesen, in der Nachkriegszeit wuchs das Streckennetz zeitweise auf über 600 Kilometer an. Das
städtische Nahverkehrsunternehmen Mosgortrans plant auf einer 1,5 Kilometer langen Linie vom Platz der drei Bahnhöfe zum
künftigen Nahverkehrsmuseum im ehemaligen Trolleybus-Depot Nr. 2 immerhin noch eine Art Museumsbetrieb.
Welthauptstadt des Trolleybus-Verkehrs ist mittlerweile Kiew in der Ukraine. Allerdings bleibt Russland weiterhin das Land mit den meisten Städten, die auf Trolleybusse setzen.
Vielerorts spielen im öffentlichen Nahverkehr mit Stromleitungen verbundene Busse nach wie vor eine zentrale Rolle. Die größten Liniennetzte gibt es derzeit in Sankt Petersburg und Rostow am Don. Manche, etwa in Nowgorod, sind sogar
erst nach dem Ende der Sowjetzeit eingerichtet worden.