Die Russische Eisenbahn darf vom kommenden Jahr an nicht erstattungsfähige Tickets für ihre Fernzüge verkaufen. Die Staatsduma in Moskau verabschiedete bereits Anfang April eine entsprechende Gesetzesänderung in abschließender Lesung. Die Neuerung kann zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Bereits seit über fünf Jahren hatte die Personenverkehrs-Tochtergesellschaft der Staatsbahn RZD, FPK, für eine solche Reform geworben. Voraussichtlich wird sie deshalb von der neuen Möglichkeit auch bald Gebrauch machen. Die Bahn verspricht ihren Kunden insgesamt günstigere Fahrpreise und mehr Sonderangebote. Außerdem soll die Eisenbahn im wachsenden Wettbewerb gegen die Billigangebote russischer Fluggesellschaften gestärkt werden.
Die entscheidende Frage, wie stark Tickets ohne Rückgaberecht vergünstigt werden, blieb bislang allerdings offen.
In russischen Medienberichten war die Rede von Rabatten zwischen 20, 30 oder möglicherweise sogar 50 Prozent. Ob das realistisch ist, darf angezweifelt werden - schließlich muss die Eisenbahn im Gegensatz zu Fluggesellschaften keine Konkurrenten auf der Schiene fürchten. Laut der Eisenbahner-Zeitung "Gudok" wurden in den vergangenen Jahren rund 7,5 Prozent der Eisenbahntickets von den Kunden storniert.
Die Bahn muss dabei - so steht es im Gesetz - auch künftig Tickets ohne Rückgaberecht in bestimmten Ausnahmesituationen zurücknehmen. Das gilt dann, wenn ein Fahrgast oder ein mitreisendes Familienmitglied vor der Reise schwer erkrankt oder beim Tod naher Angehöriger. Die
jeweiligen Umstände müssen mit entsprechenden Dokumenten nachgewiesen werden.
Bislang gelten bei Bahnreisen durch Russland äußerst großzügige Rückgaberechte. Passagiere, die ihre Reise nicht antreten wollen oder können, erhalten noch bis acht Stunden vor der Abfahrt des Zuges fast den kompletten Fahrpreis zurück. Lediglich eine geringe Bearbeitungsgebühr in Höhe von umgerechnet knapp drei Euro wird erhoben. Bis zwei Stunden vor der Abfahrt gibt es den eigentlichen Preis für die Fahrtstrecke und 50 Prozent der Kosten für Sitzplatz-, Schlaf- oder Liegewagenreservierung zurück. Bei Reisen in die anderen ehemaligen Republiken der Sowjetunion und nach Westeuropa kommen etwas striktere Regeln zur Anwendung. In jedem Fall gilt: Wer mehr als 24 Stunden vor der Abfahrt von der geplanten Reise zurücktritt, hat praktisch keine finanziellen Einbußen zu befürchten.
Glaubt man den Verlautbarungen der russischen Bahn-Führungsspitze, könnte es künftig wesentlich mehr Sparpreis-Aktionen geben als in der Vergangenheit. Tickets zu Sonderpreisen
werden schon heute auf ausgewählten Strecken verkauft, meist aber jeweils nur für eine kurze Zeit. So gibt es aktuell Zweite-Klasse-Schlafwagentickets von Moskau ins 1.000 Kilometer entfernte Samara an der Wolga für ganze 999 Rubel (rund 13 Euro). Für Gelegenheits-Bahnfahrer in Russland bedeutet die Reform aber auch, dass das ohnehin schon extrem komplizierte Preissystem noch
unübersichtlicher wird. (kp)