Seit diesem Wochenende gibt es im Zentrum von Moskau, nur wenige Schritte vom Roten Platz entfernt, eine neue Attraktion für Moskowiter und Touristen. Auf 10 Hektar Fläche haben Landschaftsarchitekten den neuen Stadtpark "Sarjadje" eingerichtet. Auf dem Parkgelände kann die für Russlands Landschaften typische Vegetation bestaunt werden. Es gibt ein Birkenwäldchen und einen kleinen Auenwald, eine Mini-Steppe und sogar einen Bereich mit Tundra-Gewächsen. Ein großes Konzerthaus, ein überdachtes Amphitheater und Gastronomie vervollständigen das Angebot. Wie üblich bei öffentlichen Bauvorhaben in der russischen Hauptstadt wurde nicht gekleckert: Im Zuge der Arbeiten explodierten die Kosten auf insgesamt über 200 Millionen Euro.
Der zum Stadtgeburtstag eröffnete Sarjadje-Park befindet sich im historischen Herzen der russischen Metropole. Das einstige gleichnamige Stadtviertel war den Stadtplanern der Stalin-Zeit zum Opfer gefallen und dürfte vielen UdSSR- und Russland-Reisenden noch in Erinnerung sein, die hier einst im vor rund zehn Jahren abgerissenen Hotel "Rossija" übernachteten.
Ursprünglich hatte die kommunistische Stadtverwaltung geplant, an diesem Ort ein weiteres Hochhaus im Zuckerbäckerstil zu errichten. Die bereits aufgenommenen Arbeiten wurden jedoch nach Stalins Tod eingestellt. Anfang der 1960-er Jahre fiel die Entscheidung, die Freifläche in Kreml-Nähe für ein Hotel zu nutzen. Das 13 Stockwerke hohe "Rossija" mit seinen über 3.000 Zimmern war zum Zeitpunkt seiner Eröffnung 1967 das größte Hotel der Welt und diente unzähligen Reisegruppen als Unterkunft. Bis in die Nachwendezeit hinein blieb es eine der beliebtesten Adressen der Hauptstadt, trotz des eher spröden Charmes lockten moderate Zimmerpreise und eine kaum zu überbietende Lage.
Luxus-Hotel oder Parlamentszentrum
Im Jahr 2006 wurde das "Rossija" geschlossen und abgerissen. Die Pläne zur Wiederbebauung der großen Freifläche änderten sich in der Folgezeit fortlaufend. Ein Luxus-Hotel war im Gespräch, auch
ein neues Parlamentszentrum. Die Ablösung des langjährigen Moskauer Bürgermeisters Juri Luschkow, dessen Frau viele lukrative Bauprojekte in der Hauptstadt an sich ziehen konnte, führte zu einem
Stopp aller bis dahin laufenden Planungen. Anstelle des Hotelklotzes gab es mitten in Moskau über Jahre hinweg eine hinter Bauzäunen versteckte Brache.
Die Entscheidung zugunsten eines Parks fiel schließlich im Jahr 2012, ein russisch-amerikanisches Konsortium erhielt den Zuschlag zur Neugestaltung des Areals. Für die eigentlichen Bauarbeiten benötigten die beteiligten Firmen nur zweieinhalb Jahre. Der "Sarjadje"-Park ist die erste größere, neu im Moskauer Zentrum entstandene Grünanlage seit mehr als einem halben Jahrhundert. Die Stadtverwaltung rechnet mit bis zu zehn Millionen Besuchern im Jahr. (kp)