EU will Russland-Tourismus verbieten

Die EU hat den neuen Eisernen Vorhang noch ein wenig undurchdringlicher gemacht. Im Rahmen ihres 19. antirussischen Sanktionspakets ist es nun ausdrücklich verboten, Dienstleistungen zu erbringen, die "in direktem Zusammenhang mit touristischen Aktivitäten in Russland" stehen (S. Beschluss des EU-Rats, deutsch). Die Maßnahmen, die ein wenig an die Restriktionen der untergegangenen DDR erinnern, sollen EU-Bürger von "nicht unbedingt notwendigen" Reisen nach Russland abhalten. Außerdem wird das Verbot mit einem angeblichen "erhöhten Risiko willkürlicher Festnahmen und Inhaftierungen" begründet. Das ist zunächst eine schlechte Nachricht, aber es gibt auch eine gute.

Für Menschen, die weiterhin nach Russland reisen wollen oder müssen, ändert sich nämlich eigentlich zunächst nichts.

 

Bereits seit der Pandemie und mehr noch seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Frühjahr 2022 gab es keinen nennenswerten organisierten Reiseverkehr aus EU-Europa nach Russland. Reiseveranstalter hatten ihre Russland-Angebote größtenteils bereits 2022 vom Markt genommen, als die EU Flugverkehr und grenzüberschreitende Bahnverbindungen verbieten ließ und der Zahlungsverkehr nahezu unmöglich gemacht wurde. Auch politische Gründe ließen die allermeisten Reiseveranstalter von der Suche nach eventuellen Schlupflöchern Abstand nehmen. Die mehr oder weniger sinnvollen Reisewarnungen des deutschen Auswärtigen Amtes und anderer EU-Mitgliedsstaaten machten auch eher wenig Lust auf Besuche im größten Staat der Welt.

Allerdings gibt es bislang (noch) kein amtliches Verbot der EU, dass ihren Bürgern persönlich Reisen nach Russland untersagen würde, und es gibt noch immer eine Reihe von Möglichkeiten das Land zu besuchen. Die allermeisten Westeuropäer, die sich derzeit auf den Weg machen, benötigen dafür schon lange keine deutschen Reisebüros mehr. Tickets finden, Unterkünfte buchen - das alles ist mittlerweile (wieder) problemlos über Buchungsplattformen außerhalb der EU möglich - auch mit Kreditkarten westlicher Banken.  

Deswegen gibt sich die russische Tourismusbranche auch eher gelassen. "In 90 Prozent der Fälle buchen europäische Touristen Dienstleistungen auf Aggregator-Websites, die möglicherweise nicht einmal eine Verbindung zu Russland haben", erklärte der Vizepräsident des Verbandes russischer Reiseveranstalter, Artur Muradjan (Original Russisch). "Wie kann man einem Bürger, sagen wir, aus Deutschland verbieten, ein Hotel beispielsweise auf Ostrovok zu buchen?" Die Sanktionen könnten in begrenztem Ausmaß europäischen Firmen und Bürgern schaden, aber jedenfalls nicht der russischen Tourismusbranche.

Wie die neuen Verbote in der Realität ausgelegt, kontrolliert und durchgesetzt werden, ist allerdings ein Stück weit tatsächlich weiter offen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die EU-Behörden im Übereifer beispielsweise auch Dienstleistungen bei der Visabeschaffung oder grenzüberschreitende Transferfahrten im Minibus stoppen und bestrafen, die zuletzt mangels vernünftiger Alternativen zunehmend populär geworden waren.

Zahlenmäßig fallen die Besucher aus dem Westen derzeit in Russland nicht ins Gewicht. Laut amtlicher Statistik besuchten 2024 über 1,5 Millionen Ausländer das Land und gaben dabei als Reisezweck "Tourismus" an (Bericht RBK, Russisch). Über die Hälfte davon entfiel auf Besucher aus der Volksrepublik China. Deutschland landete mit knapp 66.000 weit abgeschlagen immerhin noch auf Platz zwei, knapp vor Herkunftsländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Türkei oder Saudi-Arabien.

kp


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